Die Debatte der letzten Tage um das Bedauern Mutter geworden zu sein(#regrettingmotherhood), hat mich natürlich wie so viele andere zu der Frage geführt, ob ich eigentlich gerne “Mutter geworden bin”. Die Antwort lautet: Nein! Bedauert habe ich es jedoch auch nicht. Es ist mir schnurz gewesen! Was ich aber schon mit zwölf genau wusste: Ich würde Kinder haben wollen! Unbedingt. Fragen sich die meisten: “Hä, gibt es da einen Unterschied?”
Für mich schon. Das ist ungefähr dieselbe Differenz wie zwischen “sich verheiraten” und “Hochzeit feiern”: Bei Hochzeiten scheint es nach meiner Beobachtung zwei Sorten zu geben: Die Paare, die ihrer Beziehung einen neuen Rahmen geben wollen und dann jene, die “diesen ganz besonderen Tag ganz besonders begehen wollen”, die, für die dieser Tag “der schönste im Leben einer Frau” sein soll. Die zukünftigen Ehegatten sitzen oft still duldend daneben, während die Braut plant und plant und ordert und ordert, als gelte es, die nächste Oscarverleihung zu organisieren. Nichts gegen die Oscars, nichts gegen romantische Brautkleider und geschmackvolle, farblich passende Blumenarrangements, aber geht’s nicht zunächst um zwei Menschen, die sich ein Versprechen geben?
Wenn Schwangere oder Frauen mit Kinderwunsch formulieren, was sie möchten, höre ich schon seit Jahren genau auf die Zwischentöne: “Ich will Mutter werden!” steht gegen “Ich will Kinder haben!”. Das kann (muss aber nicht) ein Unterschied im Ziel sein, finde ich: Wer ist hier wichtig? Ich? Die anderen? Wir alle miteinander? Was ist hier wichtig? Ein fabelhaft gestaltetes Kinderzimmer? Stylishe Kinderoutfits? Ein zufriedenes Baby mit Eltern, die gut in die neue Situation hineinwachsen und Liebe und Geborgenheit geben können?
Als ich vor einigen Tagen den Beitrag in der Süddeutschen (“Sie wollen ihr Leben zurück!”) las, hat mich die Frage – natürlich – auch bewegt: Bin ich eigentlich gerne Mutter? Es geht mir da wie Jessica / Herz & Liebe, die von ihren Aufs und Abs berichtet: Ich bin total davon überzeugt gewesen, dass Richtige zu tun, als ich schwanger wurde. Ich war nach der Geburt hoch euphorisch und fragte mich, warum ich so lange gewartet und das Kind nicht schon mit Anfang 20 bekommen hatte.
Zwei Tage später saß ich heulend auf dem Klo, denn die Erkenntis hatte mich gerade getroffen wie eine Abrissbirne: Ich würde in den nächsten sieben Jahren (Mindestens!) keine Nacht mehr durchschlafen können! Ich sah aus wie ein Walross und daran würde sich nie, nie wieder etwas ändern! Ich würde monatelang das Haus nur für maximal zwei Stunden allein verlassen können! Danach müsste ich zum Stillen zurück sein! Ich wäre – zumindest einige Monate lang – finanziell weitgehend von meinem Mann abhängig! Anders gesagt: Nach der Geburt hatte ich in einem Seerosenteich aus Endorphinen gebadet; nur 36 Stunden später versuchte ich verzweifelt ans Ufer jenes Löschwasserteichs zu gelangen, in den ich gefallen war! Doch Wellen des Selbstmitleids schlugen über meinem Kopf zusammen und es zog mich haltlos in die Tiefe. Zum Glück – für mein Kind und für mich – waren da mein Mann und meine Mutter und halfen mir mit Geduld und Erfahrung, Liebe und Solidarität da heraus.
So schlimm war es nie wieder. Auch nicht nach den nächsten Geburten. Da hatte die Hebamme gleich darauf gedrungen, dass ich im Wochenbett regelmäßig Bitterschokolade aß. Auch heute nicht, da auch mein jüngstes Kind im Teenageralter ist und Erziehungsarbeit sich anfühlt, als müsste man zu sehr an den Menschen gewöhnte Tiere Schritt für Schritt auswildern.
Immer wieder ist mir auch der Geduldsfaden gerissen, habe ich mich für Stunden oder Tage abgeseilt aus dem Familienalltag und nur was für mich gemacht. (Reisen, Wellness, Fortbildungen) Viele Jahre lang haben mein Mann und ich zumindest einmal im Jahr eine Reise exklusiv als Paar unternommen. (Mindestens ein verlängertes Wochenende lang, wenigstens 100 Kilometer weit weg.) Das hat mir geholfen. Auch wenn ich mitunter nach dem Ausschalter suche, habe ich die Entscheidung, Kinder zu bekommen nie grundsätzlich angezweifelt. Berlin Mitte Mom hat recht: Ambivalenz ist nicht Bereuen!
Ich finde, dass Solidarität und Offenheit untereinander wichtig sind. Die Probleme und die “falschen” Gefühle dürfen nicht einfach unter den Tisch gekehrt werden. So nach dem Motto: “Wenn ich es mir rosa anpinsele, wird es am Ende auch tatsächlich ein Barbiehaus sein!” Barbiehäuser sind mein Albtraum und Menschen, die mir permanent erzählen wollen, dass ihr Leben total perfekt und fantastisch sei, sind mir suspekt. Wozu sind Freunde da, wenn wir unser Leben nicht mit ihnen teilen?
Wenn das nicht hilft, gibt es auch professionelle Hilfe. Selbst ich biete welche an.
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